Rebeca Wild – Mit Kindern leben lernen

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Kindererziehung beginnt beim Erwachsenen. Statt unser Kind nach unseren eigenen Vorstellungen zu erziehen und zu formen, sollten wir versuchen, die Welt aus der Perspektive unseres Kindes zu sehen und uns in unserem Leben so berühren zu lassen, als stünden wir selbst noch einmal am Anfang.

Allem materiellen Wohlstand zum Trotz wächst sich die Erziehung unserer Kinder zu einem echten Problem aus. Das Wort vom »Erziehungsnotstand« oder der »Erziehungskatastrophe« macht die Runde. Liegt es vielleicht daran, dass wir nicht genügend hinschauen, wie Kinder eigentlich sind? Daran, dass wir sie stattdessen so formen wollen, dass sie unseren Bedürfnissen, unseren Zeitvorstellungen, unserem Lebensrhythmus, unseren Bildungsidealen entsprechen? Die Folgen sind bekannt: Anspannung, Aggressivität, Rückzug, Konzentrationsmangel, Scheitern in der Schule, Hyperaktivität, um nur einige zu nennen.
»Mit Kindern leben lernen – Sein zum Erziehen« ist ein außergewöhnlich hilfreiches Handbuch für Eltern, Erzieherinnen und Lehrer. Denn in vielen Beispielen aus der alltäglichen Erziehungspraxis geht es Rebeca Wild darin um die Wiederentdeckung von authentischen Bedürfnissen unserer Kinder, darum, ihre Umgebung entsprechend ihrer wirklichen Entwicklungsbedürfnisse zu gestalten. Denn solange solche Grundbedürfnisse des Kindes und der dazugehörige Respekt voreinander nicht geklärt sind, gibt es wohl keine Situation des täglichen Lebens, die nicht zum Konflikt führen könnte.

»Woher kommt also, dass manch intelligenter Erwachsener trotz idealer Umstände an seinen Fähigkeiten zur Kindererziehung in Zweifel gerät? Gerade sensible Menschen spüren mehr oder weniger bewusst, dass der Umgang mit Kindern auf jeden Fall zu den kritischsten Umständen im eigenen Leben zählt. Wir stehen hier an einem Kreuzweg und müssen uns entscheiden, ob wir das Kind systematisch zu unserem eigenen bisher erreichten Standard heranziehen – zu unserem Denken und Fühlen und zu unserer Art, mit Dingen und Menschen umzugehen – oder ob wir uns durch das Zusammensein mit dem Kind in unserem eigenen Leben so berühren lassen, als stünden wir selbst noch einmal am Anfang.«

»Zwischen den beiden Extremen ›ein Kind allein lassen‹ (es verlassen) und »sein Problem lösen« liegt das Gebiet, in dem sich echte Entwicklungsprozesse ergeben. Leider wird es von »erziehenden Erwachsenen« so selten betreten, dass wir es beinahe als Niemandsland betrachten können.«

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